Von einem der nach Polen geht und ein Restaurant eröffnet


Das besondere Restaurant , Folge 2 : Das Japanische Restaurant ‚Mikuni‘ in Frankfurt by artifischl
20 März , 2010, 6:26 pm
Filed under: Essen gehen, Restaurantgeschichten | Schlagwörter: , , ,

und weil es so schön war, hier gleich noch ein Artikel von TheEverlastingClub

Es sind diese Tage an denen es draussen regnet als hätten Sie im Himmel alle Schleusen geöffnet, an denen mich die Sehnsucht nach asiatischem Essen besonders heftig überkommt. Wenn mich der Regen an den Monsun vergangener Tage in Fernost erinnert und ich die deutsche Mahlzeit auf dem Teller vor mir weniger aus  Genuß als des puren Hungers wegen esse. Dann ist es mal wieder Zeit das Fernweh mit dem Besuch eines asiatischen Restaurants zu bekämpfen.

Tief im Herzen Frankfurts gibt es diese alte Sushi-Bar, eine, die diesen ganz besonderen Charme hat, als wäre sie da schon vor 100 Jahren gewesen. Wäre man in Japan, man würde es fast glauben das es so ist. Die Einrichtung ist schlicht, sehr schlicht. Der Tresen alt, voller Kratzer und Furchen. Die Hocker an der Bar sind jedoch doppelt so breit wie in anderen Sushibars, dem Besitzer ist es nicht wichtig so viele Gäste wie möglich über den begrenzten Raum zu verteilen. Man soll sich wohl fühlen, es gemütlich haben. Mein dicker Hintern dankt es ihm. Sofort kommt mir diese erste, einsame, Schlüsselszene aus Ridley Scott’s „Blade Runner“ in den Sinn : „Gib mir zwei. Zwei! Und Nudeln!“ läßt der Regisseur Harrison Ford im strömenden Regen zu dem Japaner sagen. Wenn um einen herum die Welt versinkt können kleine asiatische Happen zu einer Insel der Glückseligkeit werden. Ich bestelle auch Nudeln. Und zwar Soba. Das sind kalte Buchweizennudeln, die in einem kleinen Lackkörbchen serviert werden. Dazu gibt es ein Schälchen mit Sauce, eines mit kleingehackten Schalotten und etwas Wasabi. Man rührt alles in der kalten Sauce zusammen und zieht dann die Nudeln durch. Schlürfen ist erlaubt, es schmeckt himmlisch. Zwar fehlt das rohe Wachtelei das früher immer traditionell und mittlerweile nur noch manchmal in den ganz teuren japanischen Restaurants dazu serviert wird, aber darauf kann man auch verzichten.

Was trinken wir dazu ? Natürlich Sake. Draussen ist es zwar winterlich  kalt, trotzdem möchte ich gerne den kalten Sake in der Holzbox. Dazu ein kleines, hübsches Keramik-Schälchen mit Salz, daß man wie beim Tequila dazu nehmen kann. Man streut es einfach auf den dicken Rand des Holzkistchens aus dem man den Sake schlürft. Den Filmfreunden unter den Lesern sei an dieser Stelle gesagt, daß es eine wunderbare Szene in dem zu großen Teilen in Japan spielenden James Bond –  Film „You Only Live Twice“ gibt, in der Bond einmal nicht den obligatorischen Martini drinkt, sondern Sake. Und natürlich perfekt temperiert auf 98,4 Grad Fahrenheit. Die Szene hat mich zwar ebenso nachhaltig geprägt wie die eingangs erwähnte Sequenz aus Blade Runner, trotzdem sind warme Getränke mein Ding noch nie gewesen.

Ein freundlicher Japaner läßt sich neben mir an der Theke nieder. Ob er denn auch einen kalten Sake haben wolle, fragt der Chef. Der Japaner winkt dankend ab und bestellt sich einen warmen Sake, guckt mich ungläubig an, kommt mit mir trotzderm in’s Gespräch. Mehr japanische Gäste fluten das Lokal. Alle werden vom Chef und den Girls aus dem Service lautstark begrüßt, wie das in Japan üblich ist. Die flotte Bedienung bringt kleine Krüge mit frischem Sake. Ich erkläre das der kalte Sake an einem Wintertag genau so zu wärmen vermag, wie der heisse – wenn man nur genug davon trinkt!  „Das ist Ihr Motto!“  ruft mir die  Bedienung zu. Alle lachen. Die  Bedienung gießt mir vom grünen Tee nach. Und vom Sake.

Inzwischen stehen etwa 12 verschiedene Schälchen auf der Theke vor mir. Warme Miso Suppe, mixed Pickles die dazu serviert werden, Soja Sauce, Wasabi, Schalotten, etwas Tempura (frittierter Fisch und frittiertes Gemüse), Soba Nudeln, Sauce, grüner Tee, Sake. So macht japanisches Essen Spaß und der graue Wintertag bleibt draussen.

Das Restaurant füllt sich. Man sitzt an der Theke und zelebriert die Rohfischauswahl des Tages. Nie weiß man, wer sich dazu setzen wird. Das muß man natürlich mögen. Es macht Spaß sich mit anderen Genießern quer über den Tresen zu unterhalten und dem Meister auf der anderen Seite die Bestellungen zuzurufen. An Sushitheken habe ich interessante Menschen aus der ganzen Welt getroffen. Es fallen die in Restaurants sonst üblichen Hemmschwellen. Das gilt vor allem auch für den Verzehr der Speisen. Noch nie (ich betone : NIE) hat sich in einer japanischen Sushi-Bar nämlich Jemand darüber beschwert, daß sein Nachbar Schlürf- oder Schmatzgeräusche von sich gibt.

An dieser Stelle sei für die Filmfreunde unter den Lesern der kongeniale Streifen „Tampopo“ erwähnt, der sich unter unzähligen anderen Varianten der japanischen Küche vordergründig mit der Problematik beschäftigt, in Flüssigkeit gebettete Nudeln auf die richtige Art und Weise zuzubereiten und weiterhin unter Zuhilfenahme zweier, etwa 3 Millimeter breiter Holzstäbchen, zum Mund zu führen und zu verzehren. Für Nicht-Asiaten ein ohnehin schon fast unmögliches Unterfangen, gelingt dies den meisten Japanern ohne die Erzeugung heftiger Schlürfgeräusche nämlich ebenfalls kaum.

Das Gesicht vom Chef hinter der Bar ist genau so tief zerfurcht wie das Holz des Tresens vor mir. Der Mann arbeitet ruhig und konzentriert, findet aber immer Zeit für einen netten Kommentar, läßt seinen Laden nie völlig aus den Augen. Ein schneller Blickkontakt. „Sushi! Toro, Maguro, Ebi und Uni“ ruf ich ihm zu. „Hai!“ kommt es zurück. Dann laut und kräftig ein Schrei : „Aaaah, Uni heute leider nicht mehr!“. Ich bin immer wieder amüsiert von diesem befehlsmäßigen Ton, der aber durchaus freundlich gemeint ist. Uni, daß ist Seeigel. Als kleines Kind habe ich Franzosen zugesehen wie sie die Dinger aus dem Wasser gefischt, aufgehackt und ausgelöffelt haben. Viele Jahre später konnte man mich davon überzeugen das das Zeug tatsächlich toll schmeckt. Schade das es aus ist. Maguro ist quasi der Standard beim Sushi, nämlich Tunfisch. An dem könnte ich mich, Verzeihung, totfressen. Mein Favorit, und nicht zu teuer. Auch wenn weltweit die Tunfischbestände rasant schwinden weil die Japaner die Meere leerfischen.


In Deutschland liebt man ja den Lachs, der in Japan „Sake“ heisst, wie der Wein. Aus dem fetten Lachs mach ich mir eher weniger, wie auch die meisten Japaner nicht. Der reicht mir einmal im Jahr zu Weihnachten geräuchert auf Toast mit Meerrettich und Lemone. Toro ist dann der Bauch vom Tunfisch und eine Delikatesse die langsam auf der Zunge schmilzt. Puristen bestellen sich den Toro ganz ohne Reis als „Sashimi“, dazu ein paar „Nori“ Blätter. Ebi sind gekochte Garnelen. Die Ebi zusammen mit Fischrogen und Avocadoscheiben, eingerollt in Seetangblätter (das nennt man dann „Maki“ Rollen) ergeben die von mir hoch geschätzte „California Roll“.

Die Sushi schmecken fabelhaft, eine großzügige Portion Fisch liegt wie gemalt auf einem kleinen Bällchen gesäuertem Reis. Der scharfe Wasabi, den man am besten in  wenig Sojasauce auflöst in die man dann die Sushi dippt,  macht die Nase frei. Sushi-Novizen machen häufig den Fehler, die Häppchen in Sojasauce zu ertränken. Eine westliche Unart die garnix bringt, ausser das am Ende alles nur noch nach salziger Sojasauce schmeckt.

Das Essen macht auch deshalb so viel Spaß weil es in diesem Restaurant die dicken, polierten, original japanischen Stäbchen gibt, die am Ende Spitz zulaufen. Alleine die Haptik dieser Stäbchen liefert eine zusätzliche Genusskomponente. Ich meine, nix gegen die hölzernen Wegwerfstäbchen die man mit einem leisen „Knack“ auseinanderbricht und dann solange gegeneinander reibt, bis potentielle Holzspäne abgefeilt sind, daß sorgt natürlich auch für einen gewissen Kick und ist beim Discount-Asiaten nicht zu vermeidendes Standardprogramm. Ich finde aber das man hochqualitative Sushi-Happen lieber mit den „echten“ Stäben aufnehmen sollte. Und der Chef findet das auch.

Zum Abschluss dann noch etwas Anago. Das ist Aal. Der wird mit einer reduzierten, dicken Sauce auf Basis von Sojasauce, Mirin und Sake bestrichen. Sieht aus wie Schokolade und schmeckt süßlich-herb. Das ist toll zum Aal und immer wieder ein passender Schlussakt eines ohenehin Zen-gleichen Menus.

Eine Art Glücksgefühl macht sich breit. Die Hälfte der Gäste sind Japaner. Bestellungen werden nun häufiger ausgerufen. Mehr Sake fließt. Ambiente, Geschmack, Sprache & Geruch, alles hängt schwer in der Luft wie aus einer fernen Welt. Dies ist ein Ort den man nur sehr ungern wieder verläßt.

Ein paar Worte zum Preisgefüge. Vielleicht entsteht nach den blumigen Schilderungen der Eindruck das dies alles sehr teuer sein muss, aber dieses Lokal ist nicht teuer! Im Gegenteil. Neuerdings suggerieren uns Billig-Sushi-Läden immer häufiger einen Preisvorteil. Geht man dann aber dort essen muss man leider feststellen, daß diese Orte absolut nichts von dem zu bieten haben, was eine klassische Sushi-Bar ausmacht, daß die Sushi dillettantisch zubereitet sind (viel zu dicke Reisbollen mit einem Hauch von Fisch) und auch sonst wenig Freude aufkommt. Im schlimmsten Fall ziehen die vorgefertigten Happen schon eine ganze Weile ihre Kreise auf dem Fließband vor einem. Nein, solche Orte meide ich lieber. Sicher, es gibt, wie überall, auch die japanischen „Nobel“ Restaurants in denen man bequem hundert Euro und mehr pro Person am Abend lassen kann. Im Mikuni läßt es sich aber fantastisch Speisen, ohne das auch nur die Hälfte dieses Betrags erreicht wird.

Und für die Liebhaber guter Filme – Japanisches Essen im Film :

1. „Blade Runner“, (Erklärter Lieblingsfilm des Autors) , Eröffnungs-Szene mit Harrison-Ford der im prasselnden Regen Sushi & Nudeln ordert. Eine cineastische Freundin nannte „Blade Runner“ kürzlich den „wichtigsten Film der letzten 30 Jahre“.

2. „James Bond – Man lebt nur zweimal“, Szene mit Sean Connery und dem Chef des Geheimdienstes „Tanaka“ beim Sake-Trinken im Zug.

3. „Die Wiege der Sonne“ , Sean Connery, einfach klasse im schwarzen Armani Anzug, erklärt an der Sushi Bar die japanischen Gepflogenheiten.

4. „Tampopo“, DER ultimative Japan-Food-Klassiker!


4 Kommentare so far
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Hallo!

hmmmmmmmmm …. was kostet so eine Fish?

Kommentar von iWeb

„Das kommt auf den Fisch drauf an!“

Aber im Ernst : Gerichte ab€ 7,– bis etwa € 20,– Mittags gibt es ne riesen Platte Sushi für € 14,– Das Preis/Leistungsverhältnis ist angesichts der herausragenden Qualität, der Größe der Portionen und für die geniale Lage in der Innenstadt sensationell.

TEC

Kommentar von The Everlasting Club

Mhhh lecker, ich liebe Sushi! Aber Misosuppe kann ich nicht so recht was abgewinnen…

In Hamburg gibt es das Nil und das hat nichts mit Japan zu tun, aber (man beachte jetzt die tolle Überleitung) man sitzt auch mit Fremden zusammen, da sie Sonntag abends „Abendbrot“ anbieten für einen Festpreis, das wird dann an einer großen Tafel serviert – schön!

Kommentar von Lies von Lott

dankeschoen fuer diesen wunderbaren text – und dafuer, dass du mich mit ihm an diese wirklich herrliche sushi-bar erinnert hast (wird mal wieder zeit, dass ich selbige oertlichkeit aufsuche) …

Kommentar von ellis.illus




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